Haus St. Vinzenz
Sinzheim (vsa) – Mit viel Engagement arbeitet der Förderverein Sinzheim
Brauchtum am Buch über das Haus St. Vinzenz. Außer der Pfarrkirche gibt es wohl
kein Anwesen in der Stabsgemeinde mit einer solch bewegten Geschichte wie das
1817 erstellte denkmalgeschützte Gebäude in der Hauptstraße, ist das Chronik-
Team des Vereins überzeugt. Nicht zuletzt war das große Interesse der
Bevölkerung an der Geschichte des Hauses ausschlaggebend für das Buchprojekt.
Vorstandsmitglied Alois Huck hatte sechs Mal vor vollem Haus über das Thema
referiert.
Bereits der Bericht zur Entstehung des Hauses, das von Franz Link als „Grüner
Baum“ gebaut wurde, liest sich sehr interessant. Noch interessanter war, wie rund
70 Jahre später die Witwe seines Enkels Gustav Link das gesamte Anwesen
verkaufen wollte. Das gesamte stattliche Anwesen mit einer großen
Landwirtschaft hatte der Orden der Barmherzigen Schwestern vom Vinzenz von
Paul erworben. Dafür sorgte der damalige Pfarrer Joseph Huber, der Jahre später
den Kirchenneubau durchsetzte. Seine Intention war, dass „im Vinzenz“ der Orden
eine Krankenstation und einen Kindergarten einrichten. Von Anfang an sind aber
auch Waisen sowie Kinder aus schwierigen familiären Verhältnissen aufgenommen
worden und ältere Menschen sowie „Pfründner“ waren an ihrem Lebensabend bei
den Schwestern gut umsorgt.
Neben Alois Huck, bei dem die Fäden zusammenlaufen, ist das gesamte
Chronikteam des Vereins damit beschäftigt, das Buch bis zum Spätjahr „in
trockenen Tüchern“ zu haben. Vor allem die entworfenen Texte „in Form“ zu
bringen und die von Alois Huck fertig gestalteten Seiten und Kapitel nach Fehlern
zu durchforsten, ist eine wichtige Arbeit. Glücklicherweise konnte mit dem
Historiker Wilfried Lienhard ein profunder Experte gewonnen werden, der mit
Enthusiasmus zahlreiche handgeschriebene Korrespondenz aus den Jahren 1800
bis 1830 unter die Lupe nahm. Was er dabei entdeckte, war bisher unerforscht und
sorgt vor allem in den Anfangskapiteln des Buches für so manchen „Aha“-Effekt.
Rund 20 Kapitel mit 300 bis 350 Fotos wird das Buch in seinen 230 bis 250 Seiten
beinhalten.Es startet mit „Sinzheim um 1800“ und will den Leser in die Zeit
einstimmen, als der „Grüne Baum“ gebaut wurde. Weitere Kapitel sind Ankauf
durch den Orden, die Jahre bis 1945, die Kapellen, Krippen und Hausgeistliche, die
Aufgaben der Schwestern, der Kindergarten und das Kinderheim mit den
„Vinzenzkindern“. Die Hostienbäckerei, die Nähschule, die Landwirtschaft,
Freunde und Gönner, eine Kurzvita zahlreicher Sinzheim Schwestern der letzten
Jahrzehnte, bis zum Verkauf und der Verabschiedung sind weitere Themen. Kleine
Geschichten und Geschichtchen die von ehemaligen „weltlichen“ Mitarbeitern
oder sonstigen Personen abgeliefert wurden sowie viele Presseartikel der Jahre
2014 bis 2020 bilden neben einer Zusammenfassung über die neue Nutzung des
Areals als Begegnungszentrum und Wohnbebauung den Schluss des Buches, das
farbig erscheint.
Ein Gemälde das verstorbenen Michelbacher Kunstmalers Meinrad Bittmann wird
nach dem 2010 erschienen 5. „Fremersberger“ zum zweiten Mal die Titelseite
eines Sinzheimer Heimatbuches zieren.
Chronologie des Hauses St. Vinzenz
1799
In einer Grundbuchaufzeichnung ist „Franz Link, Grünbaumwirt“
vermerkt.
1817 Franz Link baut an der Stelle des bisherigen „Grünen Baum“ das große
Gebäude entlang der Hauptstraße, den neuen „Grünen Baum“.Sein Sohn
Georg Friedrich und sein Enkel Gustav führen das Gasthaus und die große
Ökonomie weiter
1880 Pfarrer Joseph Huber übernimmt die Pfarrgemeinde Sinzheim und
erstrebt einen Kindergarten sowie eine Krankenstation.
1885 Magdalena Link, geborene Siebert, die Witwe des Ökonomen Gustav
Link, will das gesamte Anwesen veräußern. Der Orden der Barmherzigen
Schwestern vom hl.Vinzenz von Paul will eine Erholungsstätte für
Schwestern sowie eine Haushaltungsschule für
Landmädchen errichten und erwirbt das Anwesen.
1886 Im Spätjahr kommen die ersten Schwestern nach Sinzheim. Sie
übernehmen die Krankenpflege und einen Kindergarten. Das Gebäude wird
um ein Stockwerk erhöht. Der ehemalige Pferdestall wird zu einer Kapelle mit
Empore umgebaut.
1887 Drei Waisenkinder werden aufgenommen. Im Dezember 1887 sind 22
Knaben im Heim und 80 Kinder im Kindergarten.
1923 Im Waisenhaus sind 65 Knaben, die in der hauseigenen Schule von
einem staatlichen Lehrer unterrichtet werden. Neben älteren Schwestern
leben auch hilfsbedürftige ältere Leute im Haus St.Vinzenz.
1895 Eine neue Stallung wird fertiggestellt. Der Nahrungsmittelbedarf soll
möglichst mit eigenen Erzeugnissen gedeckt werden.
1936 Der „Schutzengel“-Kindergarten wird gebaut.
1933 - 1945 Die Jugendämter weisen kaum noch Kinder in das Heim ein.
Kinder werden möglichst in „linientreue“ Pflegefamilien gegeben.
1945
Der Kindergarten und Teile der Ökonomie werden durch Bomben stark
beschädigt. Nach dem Krieg stehen erhebliche Renovierungen an.
1953 Das Heim zählt 60 Buben, meist aus zerrütteten Familien.
1954 37 Rentner und Pfründner wohnen im Haus. Bis zu 15 Mädchen
erhalten eine hauswirtschaftliche Ausbildung. 120 Kinder besuchen den
Kinder garten. 18 Ordensschwestern arbeiten in verschiedenen Bereichen.
1956 Bei der Feier zum 70-jährigen Bestehen des Hauses wird das
neueWirtschaftsgebäude eingeweiht. Bei Besichtigungen von Jugendamt
und Regierungspräsidium gibt es erhebliche Beanstandungen, die einen
großen Kostenaufwand erfordern.
1958 Im Vorderhaus wird das Dach ausgebaut. Eine Zentralheizung, eine
neue Kücheneinrichtung, neue Kühlräume und ein Aufzug werden eingebaut.
Gespräche um den Bau eines neuen Kindergartens werden geführt.